Im Sinne eines Zeitstrahls mit kurzen Beschreibungen und Anmerkungen
Vorbemerkung: die Geschichte von Bottenbroich ist in den ersten Jahrhunderten dieses Villedorfes untrennbar verbunden mit einem Kloster des Zisterzienserordens; folglich sind viele Verweise auf urkundliche Erwähnungen solche, die sich auf die Zisterzienser beziehen. Teilweise wurden in diesem Beitrag die alten Formulierungen und Ortsnamen aus den Urkunden übernommen. Manchmal sind Worte in den Urkunden allerdings nicht mehr zu verifizieren.
1157
In einer Bulle vom 11. November 1157 bestätigt Papst Hadrian IV. dem Kloster der Prämonstratenserinnen St. Nikolaus in Füssenich bei Zülpich alle Besitztümer und Privilegien, die in der Zeit zwischen 1147 und 1157 in den Besitz dieser Nonnen gekommen waren – darunter eine Hofanlage und ein Kirchlein in Bottenbroich. Folglich ist 1157 das Jahr der Ersterwähnung.
1231
Der Hof Bottenbroich wurde in diesem Jahr unter Aufsicht von Abt Hermann aus Hamborn von Probst Gottfried (Godefrid) von Münstereifel mit Zustimmung des Probstes Gerard „und zum Wohlgefallen der Äbtissin Adelheid und des Konvents“ zur Gründung des Klosters in Bottenbroich übertragen (…). Anmerkung: jetzt folgen die Vertragsbedingungen.
1234
Am 11. Dezember dieses Jahres überträgt Probst Godefrid von Münstereifel dem Zisterzienser-Frauen-Konvent zu Bottenbrug seinen Hof mit allem Zubehör an Ackerland, Wald, Weihern usw. nebst dem Patronat über die dortige Pfarrkirche und den großen und kleinen Zehnten und weiterem Landbesitz – u.a. in Eppendorf (Heppendorf) und Erp.
1235
Offizielle Aufnahme des Klosters in den Zisterzienser-Orden durch Beschluss des Generalkapitels in Citeaux aufgrund einer Empfehlung von Papst Gregor IX.
1260
Probst H. und das Kapitel von Kerpen (ecclesia Carpensis) vergleichen sich mit dem Konvent von Bottenbroich hinsichtlich der für die Instandhaltung des oberen Mühlenrades und der Grundhölzer der Mühle von Mutrode (Mödrath). Anmerkung: dies ist die erste urkundlich Erwähnung der Verbindung des Klosters mit der Mühle in Mödrath an der kleinen Erft. Die Existenz dieser Urkunde schließt nicht aus, dass die Nonnen aus Bottenbroich schon Jahre vorher diese Mühle im Besitz hatten.
1302
Die Eheleute Matthias, Engelberts Sohn und Christina bekennen, dem Konvent zu Bottinbruch (Bottenbroich) gegenüber zur Errichtung einer Erbrente von 1 Mark aus ihren Gütern daselbst, nämlich einem Hof mit fünf Morgen Ackerland und einem halben Hof verpflichtet zu sein. Dies geschieht in Gegenwart der Ritter Edelherr Harpern von Hemersbagh und Daniel von Vreggene – auch Bagh genannt. Anmerkung: damit ist eine Verbindung nach Hemmersbach und auch nach Frechen dokumentiert.
1316 (3. Februar)
Die Gebrüder Johann und Werner, Ritter von Rode, erklären, außer halb der ihnen zu gewährenden Vergünstigungen, kein Recht auf die Fischweiher des Konvents zu Bottenbroich in Mutrode (Mödrath) zu besitzen. Anmerkung: die nachfolgenden Ritter dieses Familienstammes werden sich später „von Merode“ nennen.
1322 (13. Juli)
Die ungenannten Schöffen zu Kerpen werden zur Beilegung der Streitfragen bezüglich der Mühle zu Mödrath , welche der Konvent in Bottenbroich vom Probst zu Kerpen zu Erbzins besitzt, die Verpflichtungen des Probstes und des (…) der Lieferung des Grundholzes und den Mahlzwang alljährlich im Mai und April der Mahlzwang der Orte Mutrode und Dursrode (Dürsfeld) bezüglich der Mühle , die Gefälle aus dieser an den Probst, den Müller und Müllerknecht überwiesen (?).
Anmerkung: der Begriff „Erbzins“ bedeutete aus damaliger Sicht das Eigentumsrecht des Klosters.
1336 (28. Oktober)
Vor den Schöffen zu Hemmersbach und den Hofgeschworenen zu Götzenkirchen (Goedzkykyrchen) verkauft Godfrid, genannt Signatus, von Grefrath ( de Greveroyd) nebst seiner Gattin Hadewig der Konventualin Sophien von Köln zu Bottenbroich eine jährliche Rente von 2 Malter Roggen aus ihren Besitzungen zu Grefrath.
Anmerkung. Die entsprechende Beurkundung stellt die erstmalige Erwähnung des Ortes Grefrath dar; außerdem werden darin die Herren von Merode aus Hemmersbach als „Besiegeler“ erwähnt.
1448
Der Abt von Kamp schickt seinen bisherigen Subprior mit einigen Mönchen, um das Kloster wieder aufzubauen. Dies geschieht mit Billigung des Generalkapitels und des Grundherrn Scheiffarth von Merode.
1483 (6. August)
Abt Arnold vom Kloster Altenberg – als Kommissar des Zisterzienser-Ordens – inkorporiert die von Herzog Wilhelm Jülich – Berg und dessen Gemahlin Sibylle von Brandenburg zur Erinnerung an ihre Eltern die Kapelle zu Marienwald (lateinisch: Nemus Marie), welche von einigen Konventualen aus Bottenbroich bedient wird (….)dem Konvent Bottenbroich zu einer geistlichen Niederlassung als besonderes Oratorium des Ortes.
1487 (3. Mai)
Abt Arnold von Altenberg erhebt die dem Konvente Bottenbroich inkorporierte und zugleich als Ordensniederlassung von demselben ausgegangene Kapelle Mariawald (Nemus Marie) zu einem besonderen Kloster mit Prior, Subprior und Kellner. Anmerkung: die Übertragung des Marienbildes in die Verantwortung der Mönche von Bottenbroich fand bereits 1484 statt.
1517 (21. Juli)
Papst Leo X. inkorporiert die durch Resignation des Kanonikus von St. Gereon in Köln, Leonhard Machs, erledigte Pfarrkirche zu Kierdorf (…) mit Zustimmung des gegenwärtigen Probstes dieses Stifts dem Konvent Bottenbroich.
Anmerkung: Zur Pfarre Kierdorf gehören auch einige Filialkirchen, u.a. Balkhausen.
1587
Kauf der Burg Benzelrath durch das Kloster. Allerdings müssen die Mönche von Bottenbroich die Anlage aus wirtschaftlichen Gründen schon 1615 wieder verkaufen.
1776/1777
Der wirtschaftliche und auch spirituelle Niedergang des Klosters führt dazu, dass die Zisterze auf Drängen des Landesherrn und mit Billigung des Ordenskapitels der Abtei Marienstatt im Westerwald unterstellt wird. Aus der Priorei wird somit eine Probstei. Etliche Mönche wandern in andere Klöster ab. Die abschließenden Beurkundungen in dieser Angelegenheit fanden nach langwierigen Verhandlungen im Jahr 1777 statt.
1794 – eine Zeitenwende
Nach der „Schlacht“ bei Aldenhoven marschieren die französischen Heere Anfang Oktober in das Rheinland und damit auch in das Klosterdorf Bottenbroich ein. Anmerkung: letztlich kann von einer Schlacht nicht die Rede sein, weil die Allianz aus preußischen und österreichischen Truppen in wilder Flucht auf die rechte Rheinseite davon eilten. Ein Jahr zuvor hatten österreichische Truppen es „geschafft“, die Burg Hemmersbach in Schutt und Asche zu legen.
In den ersten Jahren der französischen Besatzungszeit herrscht ein anarchistisches Regime, das mit rigorosen Mitteln versucht, der Bevölkerung seine Vorstellung von Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit überzustülpen.
1798
Ebenso wie Habbelrath und Grefrath wird auch Bottenbroich der neu gegründeten Bürgermeisterei (Mairie) Türnich zugeordnet. Das bleibt so bis 1975.
1801 wird in einem Geheimvertrag –abgeschlossen zwischen Frankreich und Preussen in Lunéville – entschieden, dass die Gebiete links des Rheines an den französischen Staat fallen. Ab sofort gilt hier französisches Recht.
1802 ( 9. Juni)
Mit dem sogenannten „Konsular-Erlass“ vom .9.6. 1802 wird auch der gesamte Besitz des Klosters Bottenbroich in das Eigentum des französischen Staates überführt, nachdem die linksrheinischen Gebiete eigenständige französische Departements wurden. Die Kirche wird der Gemeinde als Pfarrkirche überwiesen. Auffallend ist, dass im Gegensatz zu der üblichen Vorgehensweise im Rahmen der Säkularisierung etliche Vermögenswerte, u.a. mehrere Braunkohlengruben wie das Röttgen-Feld oder das Wolfswerk, weiterhin im Eigentum der Pfarre verbleiben und nicht an den französischen Fiskus fallen.
1804
Bischof Berdolet mit Sitz in Aachen bestimmt in einem Dekret, dass die katholischen Pfarrangehörigen aus Grefrath von Götzenkirchen nach Bottenbroich wechseln. Es entsteht also die Pfarrgemeinde „St.-Mariä-Himmelfahrt Bottenbroich-Grefrath“.
1814/15
Nach dem „Wiener Kongress“ werden die linksrheinischen Rheinlande dem Königreich Preussen zugeschlagen. Die Bürgermeisterei Türnich, zu der auch Bottenbroich gehört, bleibt bestehen.
1848
Bottenbroich erhält endlich ein eigenes Schulgebäude in der Nähe der Kirche mit Lehrerwohnungen.
1895
Es entsteht der Bottenbroich-Grefrather Spar- und Darlehenskassenverein.
1899 (28. Oktober)
Der Frechener Kaufmann Peter Over pachtet von der gräflichen Familie Fürstenberg-Stammheim mit Sitz in Köln eine größere Lagerstätte am Ortsrand von Bottenbroich – Richtung Türnich -, in der Braunkohle, Ton, Kies und Sand vermutet werden. Diese Unternehmung geht später in den Besitz der Victor Rolff KG über. In unmittelbarer Nähe der Grube entsteht eine Brikettfabrik derselben Unternehmensgruppe, die auch für Werkswohnungen sorgt (die sogenannte Fürstenberg-Kolonie). Die Brikettfabrik „Fürstenberg“ wird Ende November 1967 stillgelegt und anschließend abgerissen.
1938-1951/52
Bereits in den 30er Jahren gibt es Pläne, die Ortschaft Bottenbroich umzusiedeln, weil unter ihr riesige Braunkohlenvorräte lagern. Der 2. Weltkrieg verzögert die Planungen nur bedingt.
Der neue Ort entsteht in der Nähe von Horrem auf dem Siedlungsgebiet „Weiler Holzhausen“. Eine „Notkirche“ wird gebaut; ebenso ein Pfarrhaus.
1975
Im Rahmen einer großen Kommunalreform („Köln-Gesetz“) werden unter anderem die Gemeinden Horrem und Türnich aufgelöst und der neuen Stadt Kerpen zugeschlagen; und somit wird auch (Neu)-Bottenbroich ein Teil von Kerpen.
2005
Der 20. Weltjugendtag findet auf dem Marienfeld statt. Vor Hundertausenden von Menschen zelebriert Papst Benedikt XVI. sowohl eine Vigil als auch eine Messe am darauffolgenden Tag. Das Marienfeld deckt u.a. auch die alten Ortslagen von Bottenbroich, Grefrath und Habbelrath ab.
2006
Im September wird auf dem Marienfeld nur wenige Meter vom Standort der alten Bottenbroicher Pfarrkirche eine Sonnenuhr aus Edelstahl mit dem Wappen der Mönche von Morimond (Burgund) aufgestellt und in einer kleinen Zeremonie geweiht. Vom Kloster Morimond aus wurde die erste deutsche Niederlassung des Zisterzienser-Ordens in Kamp bei Krefeld begründet. Mönche aus Kamp kamen 1448 nach Bottenbroich, um die verfallene Zisterze wieder aufzubauen.
Damit schließt sich der Kreis.
Frechen, 28. Februar 2023
Autor: Hans Wilhelm Porschen, der von 1944 bis Anfang Januar 1951 in Bottenbroich zusammen mit seinen Eltern lebte.)
Quellen:
Schmitz/Kannegiesser: 500 Jahre Pfarrkirche Bottenbroich, 1948
Matthias Roggendorf: die kath. Pfarrkirche St. Mariä-Himmelfahrt Bottenbroich-Grefrath, Jahrgang unbekannt
Hauptstaatsarchiv Düsseldorf: Urkundensammlung über Bottenbroich
Volker H.W. Schüler (Hsg.): 1802 – Zeitenwende in Bottenbroich (mit Beiträgen von Schüler und Porschen), 2019
Günter Schneider: 1794 – Die Franzosen auf dem Weg zum Rhein, (Helios-Verlag) 2006